Haushaltsrede 2009/10

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren,

Für meine erste Haushaltsrede hier im Rat habe ich mir wahrlich eine andere Ausgangslage erhofft. Ich hätte mir gewünscht, dass die Perspektive für 2010 und 2011 sich positiver darstellen würde, die mehr Gestaltungsmöglichkeiten zugelassen hätte. Leider ist es insbesondere auch auf Grund der schon bestehenden Verschuldung von 100 Mio. EUR nun anders gekommen, ganz anders!
Für diese 100 Mio. Schulden liegt die Verantwortlichkeit nicht bei der BfL. Unter anderem hat diese riesige Verschuldung zu unserer BfL-Gründung geführt. Das möchte ich an dieser Stelle noch mal erwähnen.

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Wir sind die Klagen des Kämmerers bereits gewohnt, dass der kommende Haushalt noch schlechter wird als der vergangene und wir sparen müssen. Die Finanzsituation unserer Stadt ist katastrophal. Das ist leider traurige Realität. Die Finanzkrise, die erheblichen Rückgänge der Gewerbesteuereinnahmen, fehlende Schlüsselzuweisungen, dramatisch steigende Sozialkosten bei gleichzeitig sinkenden Einnahmen und eine hohe Kreisumlage sind einige der Ursachen.
All dies führt dazu, dass der aufgestellte Haushalt für das Jahr 2010 ein strukturelles Defizit von knapp 17 Mio EUR aufweist. Das sind 17 Mio. EUR neue Schulden für 2010.

Welche Möglichkeiten hat der Rat ?

  • Wir nehmen den Haushaltsentwurf einfach zur Kenntnis.
  • Wir klagen über die aus der Sicht der Kommune ungerechte Finanzverteilung zwischen Bund,
    Ländern und Kommunen verbunden mit übertragenen neuen Pflichtaufgaben.
  • Wir hoffen auf bessere Zeiten.
  • Wir suchen Potentiale, die es auszureizen gilt.

Wir – die Bürger für Lemgo – haben uns entschieden, konstruktiv an der Lösung des Haushaltsproblems mitzuwirken. Dies hat sich gezeigt bei der Erarbeitung der „Sparliste“, auch „Liste der Grausamkeiten“ genannt. Wir müssen auf jeden Fall den Nothaushalt verhindern, weil wir die Bürgerinnen und Bürger nicht noch weiteren unzumutbaren Belastungen aussetzen wollen.
Das „Sparpaket“ mit den dargestellten Einsparungen, Anpassungen und Optimierungen haben wir nicht uneingeschränkt akzeptiert – aber diese „Sparliste“ haben wir als BfL-Fraktion im Haupt- und Finanzausschuss ausdrücklich mitgetragen. Sie ist notwendig, um den Restriktionen des Nothaushaltes zu entgehen.
Aber ich möchte hier jetzt an dieser Stelle auch ganz deutlich festhalten : Die „Liste der Grausamkeiten“ hat allein den Zweck, für 2011 ein Einsparpotential in Höhe von 2,3 Mio EUR zu finden, um so den Nothaushalt zu verhindern - nicht mehr und nicht weniger. Für das Haushaltsjahr 2010 ist in der „Sparliste“ lediglich ein Einsparpotential von 240 000 EUR generiert. Das verdient den Namen „Sparliste“ eigentlich nicht. Bei 16,6 Mio. Neuverschuldung für 2010 sind das lediglich 1,4%.

Ein Beispiel dafür, dass für uns nicht alle Sparpositionen ausgereizt sind:
Die BfL hatte die Verwaltung beauftragt, eine Liste mit Sparvorschlägen zu erstellen, die speziell die „Verwaltung“ betreffen. Ergebnis: Einsparpotential bei der Verwaltung = Null.
Dies war für uns ein „Schlag ins Gesicht“.
Das ist für die BfL nicht akzeptabel. Von den Bürgern werden gravierende Einsparungen verlangt, wenn die Verwaltung aber in ihrem eigenen Bereich sparen soll fällt dem Bürgermeister als Antwort nur ein: „Der Knochen ist schon 17mal abgenagt“. Als Bürger könnte man die Antwort geben: „Wer Wasser predigt sollte keinen Wein trinken“.

Kommen wir nun konkret zum Haushalt 2010 der Stadt Lemgo.
Können wir diesem Haushaltsplan 2010 überhaupt zustimmen?
Was mutet uns der Kämmerer hier zu?

  • Der Ergebnisplan weist derzeit ein Minus von 16,6 Mio. aus.
  • Für den Zeitraum 2010 – 2013 beträgt die erwartete Neuverschuldung 37,5 Mio. EUR.
  • Nur über Kassenkredite können die laufenden Ausgaben überhaupt noch bezahlt werden.
  • Die Ausgleichsrücklage wird in diesem Jahr vollständig abgebaut.
  • In den Folgejahren droht uns der Verlust des gesamten Eigenkapitals. Wenn wir weiter so wirtschaften, ist das Vermögen in 10 Jahren weg.
  • Der Kreditrahmen zur Liquiditätssicherung wird gegenüber dem ersten Haushaltsplanentwurf 2010 von 25 Mio. EUR auf 35 Mio. EUR erhöht. Laut Aussage des BM in der letzten HFA-Sitzung stimmt es nicht, „dass die Verwaltung das aktuelle Risiko für den Haushalt 2010 viel höher einschätzt als noch im November 2009“. Darauf möchte ich mit dem Goethe Zitat antworten: „Die Worte hör ich wohl - allein mir fehlt der Glaube“. Warum dann die Erhöhung um 10 Mio.?

 

Wir sind überzeugt: Das letzte Wort zu diesem Haushalt ist noch nicht gesprochen. Wir befürchten, dass es in diesem Jahr noch zu einem Nachtragshaushalt kommen wird. Zur Erinnerung: Im letzten Jahr 2009 war der Ansatz 14 Mio. Neuverschuldung – es wurden dann 18 Mio. Schulden gemacht. - Die BfL hat z.B. bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass nur mit einer geprüften Eröffnungs- und Schlussbilanz 2008 die Wertansätze im Haushalt 2010 gesichert beurteilt werden können.


Neun Gründe für die Ablehnung des Haushaltes 2010

1. Der Haushalt 2010 ist kein „Sparhaushalt“
2. 37,5 Mio. EUR erwartete Neuverschuldung im Zeitraum 2010–2013
3. Vollständiger Verzehr der Ausgleichsrücklage
4. Drohender Verlust des gesamten Eigenkapitals in den Folgejahren
5. Erhöhung des Kreditrahmens zur Liquiditätssicherung auf 35 000 000 EUR
6. Keine Einsparvorschläge bei den Sach- und Dienstleistungen im Bereich der Inneren Verwaltung
7. Konsolidierungsvorschläge der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA)von 2008 nicht umgesetzt
8. Fehlende geprüfte Eröffnungs- und Schlussbilanz 2008
9. Diskrepanz bei den Abschreibungen 2008

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Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
„Deshalb wird die BfL dem Haushalt nicht zustimmen!“ Da erstmals aufgrund der Forderung der BfL die Haushaltsplanung für die kommenden Jahre kontinuierlich durch die Politik begleitet wird, werden wir uns weiterhin kreativ und konstruktiv einbringen und an der Konsolidierung der Stadtfinanzen mitwirken.


Es gilt das gesprochene Wort

Wolfgang Sieweke
Fraktionsvorsitzender der BfL