Haushaltsrede 2023/24
Ich denke, Sie sind heute ein wenig überrascht, wenn ich meine Haushaltsrede mit der Frage beginne: „Ist die Stadt Lemgo im Krisenmodus?“
Denn in meinen bisherigen Haushaltsreden habe ich des Öfteren vom „Licht am Ende des Tunnels“ gesprochen. 2018 habe ich festgestellt: “Ein berechenbarer und verlässlicher Haushaltsplan ist gekennzeichnet durch dauerhaften Haushaltsausgleich, nachhaltigen Schuldenabbau und gezielte Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt.“ Und nun stelle ich die Frage: Ist das zu Recht wahrgenommene Licht am Ende des Tunnels schon wieder erloschen?
In der mittelfristigen Finanzplanung beschäftigen uns nicht nur die angesammelten Kosten der Corona-Pandemie, die den städtischen Haushalt ab 2025 über jährliche Abschreibungen zusätzlich belasten werden. Sondern weitere Belastungen durch die aktuellen Krisen, geringerer Schlüsselzuweisungen, höherer Kreisumlage, gestiegener Personalkosten sowie der zukünftig erforderlichen Investitionstätigkeit kommen da noch oben drauf. So hat insbesondere die mittelfristige Finanzplanung schon was von einem Blick in die Kristallkugel. Unser Kämmerer Herr Limpke ist da nicht zu beneiden. Er kommt jedenfalls für die nächsten 4 Jahre auf einen Fehlbetrag in Höhe von 10 Mio. €/Jahr.
Für die letzten 4 Jahre hatte unser Beigeordneter ein Minus von 8,6 Mio. € prognostiziert. Die echten Jahresergebnisse ergaben aber ein Plus von insgesamt ca. 30 Mio. €. Insofern glaube ich nicht, dass dieses Horror-Szenario – Minus 40 Mio. € für die geplanten Jahresergebnisse 2024 -2027 - eintreffen wird.
Trotzdem ist bei dem aktuellen HH-Plan 2024 und Folgejahre die Gefahr eines Haushaltes mit Fehlbeträgen im Ergebnis und somit negativen Auswirkungen für die Ausgleichsrücklage realer geworden.
Deshalb muss die Frage gestellt werden: Was ist zu tun?
Ergebnis: An Steuererhöhungen führt kein Weg vorbei.
Im ersten Beschlussvorschlag der Verwaltung zur Grundsteuer war für 2024 eine Erhöhung um 13% von 480 Prozentpunkten auf 542 Punkte vorgesehen.
Angesichts der aktuell hohen Inflation und der damit einhergehenden deutlichen Kostensteigerung in allen Lebensbereichen, hielten wir es im Sinne der Lemgoer Bürgerinnen und Bürger für angebracht, in dieser Zeit der wirtschaftlichen Unsicherheit, die Grundsteuer B nur auf 522 Punkte zu erhöhen.
Mit 525 Punkten liegt der neue Vorschlag der Verwaltung sehr nah an unserer Forderung und insofern konnten wir bei dieser Erhöhung mitgehen.
Dabei müssen wir uns vor Augen führen, dass die Grundsteuer B in unserer Stadt seit 2016 die niedrigste im Kreis Lippe war und seitdem nicht mehr erhöht wurde. Auch nach der Erhöhung wird Lemgo immer noch im gesunden Mittelfeld sein, zumal man davon ausgehen muss, dass auch andere Kommunen um eine Erhöhung nicht herumkommen werden.
Etwas anders sieht es bei der Gewerbesteuer aus.
Zweifelsohne müssen auch unsere Lemgoer Unternehmen zurzeit eine Vielzahl von Herausforderungen stemmen, wie z.B. die hohen Energiekosten und den Fachkräftemangel. Da ist es kein gutes Signal an die Wirtschaft, dass die Unternehmen ab 2024 nun durch eine Erhöhung der Gewerbesteuer stärker zur Kasse gebeten werden sollen. Insbesondere die aktuelle energiepolitische Lage erfordert Investitionen in neue Technologien und mit jeder Steuererhöhung wird das Potenzial der Betriebe für derartige Investitionen verringert. Das schwächt die Lemgoer Betriebe im Vergleich zu ihren Wettbewerbern in anderen Kommunen und Ländern.
Der Beweggrund für diese Steuererhöhung ist wie bei der Grundsteuer die finanziell kritische Lage unserer Stadt. Insofern kommen wir nicht umhin, in Lemgo auch die Gewerbesteuer zu erhöhen.
Vorschlag der Verwaltung: Erhöhung von 435 auf 450 Punkte. Unserer Forderung nach 441 Punkte ist man bedauerlicherweise nicht gefolgt.
Insofern hat es in unserer Fraktion eine verständlicherweise sehr kontroverse Diskussion darüber gegeben, ob wir der Beschlussvorlage zur Hebesatzsatzung, die die Grundsteuer und die Gewerbesteuer beinhaltet, zustimmen oder uns enthalten wollen. Mit dem Ergebnis: Bei einer so wichtigen Entscheidung sollte man sich eindeutig positionieren. Wir haben uns dann letztendlich für die Zustimmung entschieden.
Obwohl es angesichts der katastrophalen Prognose für die nächsten 5 Jahre notwendig sein wird, kurzfristige Einsparungen vorzunehmen, sollten langfristige Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Innovation nicht vernachlässigt werden. Insofern führt aktuell kein Weg daran vorbei, trotz der hohen Kosten die zwingend anstehenden Bau- und Sanierungsmaßnahmen zügig und konsequent durchzuführen, wollen wir unsere Straßen und städtischen Gebäude, wie Schulen oder Kitas, auch in Zukunft noch sinnvoll nutzen! Den Fehler, wichtige Investitionen in die Infrastruktur der Stadt über viele Jahre aufzuschieben, dürfen wir in Lemgo nicht machen. Irgendwann müsste der entstandene Sanierungsstau abgearbeitet werden.
Immer mehr Kommunen kippen in die Haushaltssicherung. Im Interview mit der LZ im September hat unser Bürgermeister auf die Frage, ob auch in Lemgo der Rotstift angesetzt werden muss, geantwortet, dass der Stadt Lemgo zu Gute kommt, dass wir seit den Krisenjahren vor gut 15 Jahren überaus sparsam waren und das ohne Einbußen an Lebensqualität. In dem Zusammenhang möchte ich an die Haushaltsberatungen 2010 erinnern, als wir als BfL ein Haushalts-konsolidierungskonzept gefordert haben, das dann auch Niederschlag in der Drucksache 28/2010 fand. Dies war der Rahmen für eine langfristige gemeinsame Haushaltskonsolidierung.
Auf unserer Klausurtagung im November hat Herr Limpke seine Präsentation beendet mit dem Appell, in diesen schwierigen Zeiten genau zu überlegen, ob Haushaltsanträge gestellt werden sollten.
Als BfL haben wir auf Anträge, die Haushalt 2024 belasten, verzichtet, damit unsere städtischen finanzpolitischen Ziele nicht gefährdet werden.
Ganz im Gegenteil. Auf unseren Antrag hin wird auf das „Nice-to-have-Projekt“ Bega-Balkon im Auen Park Lemgo verzichtet. 665.000 € (428.300 € Belastung Stadt Lemgo und 236.700 € Beteiligung Dritter) waren dafür im Haushalt 2024 veranschlagt. Angesichts der aktuellen katastrophalen Haushaltsprognosen unseres Kämmerers für die kommenden 4 Jahre, wird jetzt darauf verzichtet.
Deshalb fiel es uns auch leichter beim Campingplatz der Variante 1 „Baumaßnahme wie geplant“ trotz der Mehrkosten von 1 Mio. Euro zuzustimmen. Wir sind davon überzeugt, dass sich diese Investitionsmaßnahme zeitnah amortisieren wird, denn welche Stadt hat einen Campingplatz so nah zur Innenstadt und direkt neben einem Freizeitbad!
Zum Schluss noch 2 Anmerkungen zum Abstimmungsverhalten der BfL.
- Wer als CDU der BfL vorwirft, sich bei Abstimmungen nicht immer einig zu sein, weil sie in seltenen Fällen auch mal unterschiedlich abstimmt, der hat auch nach über 15 Jahren immer noch nicht verstanden, was es bei der BfL nicht gibt – den Fraktionszwang.
- Wer als FDP im vergangenen Jahr immer wieder - genau wie die AFD - sinnvolle Anträge im Rat und in den Ausschüssen ablehnt und sich als „Wir sind dagegen Partei“ profiliert, darf sich nicht wundern, als AfD-nah wahrgenommen zu werden. Wer andererseits uns als BfL anlastet, „fast allen rot-grünen Anträgen zuzustimmen“, der sollte sich mit solchen Vorwürfen zurückhalten, gemäß dem Motto: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!
Ich bin gleich gespannt auf das Abstimmungsverhalten der FDP zum Haushalt 2024.
Wir als BfL stimmen jedenfalls dem Haushalt 2024 zu.
Einstimmig!